Auf den 15. Juli 2016 ist der bis 31. Juli 2019 abgeschlossene Arbeitsvertrag zwischen der Stiftung Konzert Theater Bern (KTB) und der im Januar fristlos freigestellten Schauspieldirektorin Stephanie Gräve vorzeitig aufgelöst worden. Dem Vernehmen nach erhält Frau Gräve eine Entschädigung von 200’000 Franken; diese entspricht etwa dem entgangenen Lohn bis Ende 2017. Zudem übernimmt KTB ihre Anwaltskosten und entschädigt sie für Umtriebe. Damit kommt die unerfreuliche und vom Stiftungsrat sowie der Intendanz von KTB immer nur scheibchenweise der Öffentlichkeit dargelegte Angelegenheit zu einem vorläufigen Abschluss. Da längst nicht alles in diesem Zusammenhang geklärt ist und sich derartige Vorkommnisse in unseren Augen nicht wiederholen dürfen, besteht erheblicher Informationsbedarf. Der Gemeinderat wird ersucht, die folgenden Fragen zu beantworten:

Der Stadt Bern kommen im Rahmen der geltenden Leistungsvereinbarung für die Subventionsgeber die Aufsichts- und Kontrollfunktion über KTB zu.

1a) Worin bestehen diese Funktionen und wie und durch wen werden sie ausgeübt?
1b) Gab der Konflikt zwischen KTB und Stephanie Gräve der Stadt Anlass, als Aufsichtsbehörde aktiv zu werden? Die Stadt ist im Stiftungsrat KTB durch zwei Mitglieder vertreten.

2a) Welche Informations- und Konsultationspflichten gegenüber welcher Stelle der Stadt haben die Vertreter?
2b) Gibt es regelmässige Treffen der Stadt mit den Vertretern?
2c) Haben diese ein Pflichtenheft? Wenn Ja, was umfasst dieses?
2d) Fanden im Zusammenhang mit oben genanntem Ereignis ein Austausch der zuständigen Stelle der Stadt mit den Vertretern im Stiftungsrat statt? Der Stiftungsrat KTB, den strategischen Organ eines Kunst- und Kulturbetriebes, sitzen vor allem Menschen, welche nicht vorwiegend im Kunst- und Kulturbereich tätig waren oder sind.

3b) Müssten nicht auch Personen im Stiftungsrat Einsitze haben, die professionelle Erfahrungen im Theater-, Tanz- oder Musikbereich mitbringen?
3c) Wie kann in Zukunft die Geschlechterparität im Stiftungsrat KTB (6 Männer, 1 Frau) gewährleistet werden? Vertragspartner sowohl des Intendanten als auch der Schauspieldirektorin ist der Stiftungsrat KTB. Im Vertrag mit der Schauspieldirektorin wird ihr einerseits grosse Autonomie eingeräumt, andererseits hat der Intendant unter nicht näher umschriebenen Voraussetzungen ein mit seiner Gesamtverantwortung für KTB begründetes Interventionsrecht. Die Geschäftsordnung von KTB klärt dieses Verhältnis nicht.

4a) Teilt der Gemeinderat die Auffassung des Stiftungsratspräsidenten, das Verhältnis sei „glasklar“ geregelt und, wenn Ja, woraus leitet er dies ab? 4b) Falls Nein, was unternimmt der Gemeinderat, um Klarheit in diesem Bereich herbeizuführen, der für das Funktionieren des Betriebs entscheidend ist? Als aus Sicht des Intendanten die Zusammenarbeit mit der Schauspieldirektorin angeblich nicht weiter zumutbar war, verzichtete dem Vernehmen nach der Stiftungsrat auf eine Mediation und beschloss die fristlose Freistellung.

5) Was unternimmt der Gemeinderat, damit in Zukunft eine Aussöhnung oder Schlichtung ernsthaft versucht werden muss, bevor allenfalls eine Freistellung erfolgen darf? Seite 2/2 Die nun vereinbarte vorzeitige Vertragsauflösung ist mit Kosten von mehr als 200’000 Franken verbunden. Dieses Geld fehlt dem Theaterbetrieb, der – so hört man immer – tendenziell unterfinanziert ist.

6a) Zulasten welcher anderen Verwendung begleicht KTB die Kosten? Vor wenigen Tagen wurde der Nachfolger der Schauspieldirektorin vorgestellt. Die Stelle wurde nicht ausgeschrieben, die Suche erfolgt unter der Hand.

7a) Wie steht der Gemeinderat zu dieser Form der Nachfolgeregelung mit Blick auf den Umstand, dass es sich um einen hochsubventionierten Betrieb handelt?
7b) Falls die Suche unter der Hand (rechtlich) zulässig sein sollte: erscheint dies dem Gemeinderat – gerade nach der gemachten Erfahrung – kulturpolitisch klug?
7c) Ist der Gemeinderat bereit, sich dafür einzusetzen, dass KTB künftig solche Stellen ausschreiben soll? Nach Bekanntgabe der fristlosen Freistellung wehrte der Präsident des Stiftungsrats Fragen von Medien und aus der Politik mit der Feststellung ab, die Stiftung KTB als privatrechtlich organisierter Betrieb schulde der Öffentlichkeit keine Transparenz.

8a) Teilt der Gemeinderat diese Auffassung?
8b) Welchen für öffentliche Betriebe geltenden Regelungen, gerade im Bereich der Offenlegung, gelten für einen privaten Betrieb, der zu 80% öffentlich subventioniert ist?
8c) Wo und wie sind entsprechende Anforderungen geregelt?
8d) Hält der Gemeinderat sie für zweckmässig und vertretbar? Im Leitungsvertrag zwischen KTB, der Stadt und dem Kanton steht in Art. 28: „Die Stiftung orientiert die Stadt Bern umgehend über besondere Vorkommnisse, die für die Erfüllung des Vertrags von Bedeutung sein könnten, […]“

9a) In welchem Abstand zur Entlassung Gräve wurde der Gemeinderat informiert und über welchen Kanal?
9b) Erachtet der Gemeinderat die zeitliche Nähe als genügend oder wäre er lieber früher informiert worden?
9c) Wie würde der Gemeinderat den Informationsfluss zwischen KTB und Stadt grundsätzlich bewerten.
9d) Wo gibt es Änderungsbedarf.

10) Gibt es bereits „Lessons learned“ für den Gemeinderat aus den erwähnten Ereignissen und welche Konsequenzen sind bereits angedacht oder in die Wege geleitet?