Rückblick auf das Präsidialjahr 2014
Das Präsidialjahr ist rasch vergangen, so mein Eindruck. Viel ist in dieser Zeit geschehen, vor allem an den Donnerstagabenden im Berner Ratsaal. Dies ist ein Ort, wo durchs Jahr hindurch viel entschieden, wo noch mehr verhandelt, wo aber in erster Linie sehr viel geredet worden ist. Ich durfte die Sitzungen strukturieren und leiten. Ich war Herrin über das Mikrophon, welches ich im Bedarfsfall auch mal abstellen konnte. In dieser Hinsicht verschafft einem der Job als Stadtratspräsidentin eine gewisse Machtposition und das Pult ähnelt ja auch ein bisschen einem Thron. Im schlimmsten Fall hätte ich sogar die Pflicht – oder das Recht – gehabt, den Saal räumen zu lassen. Dazu ist es nicht gekommen – und das freut mich. Derart rabiat brauchte ich während des letzten Jahres glücklicherweise nicht einzuschreiten, obwohl in mir – ich will ehrlich sein – hin und wieder die entsprechende Versuchung keimte. Wenn die Funken schlugen, Argumente durcheinander geworfen oder sogar Schimpfworte ausgetauscht wurden…
Das Präsidialjahr ist rasch vergangen, so mein Eindruck. Viel ist in dieser Zeit geschehen, vor allem an den Donnerstagabenden im Berner Ratsaal. Dies ist ein Ort, wo durchs Jahr hindurch viel entschieden, wo noch mehr verhandelt, wo aber in erster Linie sehr viel geredet worden ist. Ich durfte die Sitzungen strukturieren und leiten. Ich war Herrin über das Mikrophon, welches ich im Bedarfsfall auch mal abstellen konnte. In dieser Hinsicht verschafft einem der Job als Stadtratspräsidentin eine gewisse Machtposition und das Pult ähnelt ja auch ein bisschen einem Thron. Im schlimmsten Fall hätte ich sogar die Pflicht – oder das Recht – gehabt, den Saal räumen zu lassen. Dazu ist es nicht gekommen – und das freut mich. Derart rabiat brauchte ich während des letzten Jahres glücklicherweise nicht einzuschreiten, obwohl in mir – ich will ehrlich sein – hin und wieder die entsprechende Versuchung keimte. Wenn die Funken schlugen, Argumente durcheinander geworfen oder sogar Schimpfworte ausgetauscht wurden…
Es gab wirklich viel zu tun in diesem Jahr: 49 Sitzungen, 90 Stunden Sitzungsdauer, 344 Geschäfte. Ich denke zum Beispiel an die gemeinsame Busfahrt mit Parlamentarierinnen aus den Nachbargemeinden. Über die Endstation des Tram Region Bern gibt es hier keinen weiteren Kommentar. Dann war da die Wohninitiative Zentralweg in der Lorraine – auch die vermochte einige Gemüter in heftige Wallung zu versetzen. Dann erinnere ich mich noch gut an das Feuerwerkreglement, es wurde in der Abstimmung „weggespült“. Zahlreiche und teilweise mit Vehemenz vorgetragene Voten im Rat löste auch die Partizipation von Ausländern aus, wo Bern keine Vorreiterrolle übernehmen möchte. Vieles könnte noch erwähnt werden, es gab wirklich genügend Stoff zum Reden im vergangenen Jahr!
Davon wird mir viel Erinnerung bleiben. Ganz besonders etwa jener Moment, als ich am 1. August auf dem Münsterplatz unsere Nationalhymne singen durfte. Oben auf der Bühne stehend – doch, doch: das war ein „Hühnerhautmoment“ – allerdings weniger wegen irgendwelcher Erhabenheit: Meine Stimme hatte sich selbstständig gemacht und ich musste unter grossen Anstrengungen darauf achten, dass die Ohren der Zuhörer nicht Schaden davontrugen.
Doch, Bern ist eine lebendige Stadt, allen Vorwürfen zum Trotz, ein langweiliges Verwaltungsmekka zu sein. Und Bern bewegt. Sich selber und auch diejenigen, welche mit dieser Stadt zu tun haben. Der Stadtrat, ist dabei eine recht repräsentative Bühne für die erstaunliche Bandbreite an Meinungen, welche wir als Bernerinnen und Berner zustande bringen. Dieser Rat – und hiermit auch die Stimmenverteilung unter den Stadtbewohnern – mag ja gegenwärtig tatsächlich etwas rotgrün geprägt sein. Aber wir bringen ein anständiges Bouquet mit verschiedenen politischen Farben zustande. Jede Partei wünscht sich ja im Grunde genommen eher eine monochrome Situation: das wäre einfacher. Man hätte so viele Möglichkeiten, die Stadt liesse sich nach eigenem Gusto prägen. Letztlich aber ist klar, dass so was kaum gut wäre für unsere Stadt.
Als Stadtratspräsidentin befindet man sich in einer besonderen Position. Höchste Bernerin – das klingt gut und in meinem Fall vielleicht auch noch etwas lustig. Aber eines trifft zu: Man kriegt mit dieser Rolle etwas Abstand von den einzelnen politischen Geschäften, man ist voll dabei und gleichzeitig etwas ausserhalb. Man sollte die Übersicht gewinnen und die auch behalten. Ich bin aus diesem Grund in diesem Jahr zu einer Beobachterin geworden und ich bemühte mich, diesen Betrieb aus ein wenig Distanz zu verfolgen. Die „hohe“ Position als Ratspräsidentin ist zwar rein imaginär. Aber sie führt tatsächlich zu einer zusätzlichen Wertschätzung unseres Systems. Und dieses baut darauf, dass sich die vorhandene Vielfalt in der politischen Arbeit niederschlägt.
In meiner Antrittsrede anfangs 2014 betonte ich, dass ich aufgrund meiner Geschichte besonders sensibilisiert bin für die Bedeutung demokratischer Spielregeln. Die sind schlicht keine Selbständigkeit. Zu dieser Sichtweise sind noch einige weitere Einsichten dazugekommen. Zum Beispiel, dass derartige Spielregeln nicht immer leicht zu befolgen sind. Und dass es hin und wieder auch ein Krampf sein kann, sie durchzusetzen. Dass nicht immer alle grosse Lust verspüren, den Ratsbetrieb hier auch möglichst effizient zu gestalten. Filibusterei, Schlammschlachten, vielfältige Strippenzieherei (oder auch bloss das „So-tun-als-ob“). Man mag ja nicht völlig grundlos monieren, dass wir hier in Bern etwas peripher positioniert sind. Aber eines steht fest: Unser Ratsbetrieb braucht sich hinsichtlich Taktiererei keineswegs vor vergleichbaren Parlamenten in vielfach grösseren Städten zu verstecken! Wenn das nun als Kompliment mit Widerhaken rübergekommen ist, dann geschieht das nicht ganz ohne Absicht.
Ernsthaft: es gab im letzten Jahr durchaus Situationen, welche die Frage befeuert haben, ob – zum Wohl eines effizienten Ratsbetriebes – gewisse Spielregeln geändert werden sollten. Während einigen Donnerstagabenden wurde der Betrieb gelegentlich unproduktiv und unangenehm, in mancherlei Hinsicht auch etwas „ grenzwertig“.
Stadtratspräsidentin – das ist ein anspruchsvolles Ehrenamt und sicherlich kein gemütliches Hobby. Das Vorbereiten der Sitzungen, das exakte Planen von Abläufen – die sich dann am Ende natürlich nicht immer einhalten lassen, das ist aufwändig. Vor allem dann, wenn man nebenher noch einen 100%-Job hat und eine Familie. Ich hatte Glück, dass ich während diesem Jahr viel Unterstützung erhielt. Vor allem von Seiten des Ratsbüros, welches nach dem Prinzip „Eisberg“ funktioniert: Man sieht – wenn man nicht richtig schaut – nur die Spitze von all dem, was es wirklich für diesen Rat macht. Seine Unentbehrlichkeit ist mir bewusst geworden: die MitarbeiterInnen dort machen einen Superjob. Und sie haben ein herzliches Dankeschön von uns allen verdient! Danken möchte ich an dieser Stelle auch dem Berner Gemeinderat sowie der gesamten Verwaltung – sie hatten es auch nicht immer leicht mit dem Berner Stadtrat.
2014 war rundum ein gutes Jahr gewesen für mich. Spannend, lehrreich und intensiv. Und ich werde künftig noch viel an diese Zeit zurückdenken. Das werde ich aber nicht allein tun. Ich möchte an dieser Stelle als letztes noch meiner Familie herzlich danken. Sie hat mich während diesem Jahr stets wirkungsvoll unterstützt, sie hat mich mit viel Verständnis begleitet. Und sie hat auf manche Dinge verzichten müssen. Herzlichsten Dank!
von Tania Haller Espinoza, Stadträtin GFL und Stadtratspräsidentin 2014