Verfahren betr. Amtsgeheimnisverletzung wegen öffentlichem Interesse eingestellt: Wird die Kommissionsarbeit in Zukunft öffentlich?
Das Untersuchungsrichteramt hat das Verfahren gegen eine Berner Zeitung wegen der Veröffentlichung von Auszügen aus Protokollen der SBK eingestellt. Das Büro des Stadtrats hatte am 23. Oktober 2008, gestützt auf ein Gutachten vom 17. Oktober 2008, beschlossen, in dieser Sache
Strafanzeige gegen Unbekannt einzureichen. Nun hat das Untersuchungsrichteramt entschieden, es überwiege das öffentliche Interesse an den publik gemachten Fakten gegenüber der Geheimhaltung von Bericht und Protokoll einer vorberatenden Kommission.
Dringliche Interpellation Fraktion GFL/EVP (Manuel C. Widmer, Conradin Conzetti)
Das Untersuchungsrichteramt hat das Verfahren gegen eine Berner Zeitung wegen der Veröffentlichung von Auszügen aus Protokollen der SBK eingestellt. Das Büro des Stadtrats hatte am 23. Oktober 2008, gestützt auf ein Gutachten vom 17. Oktober 2008, beschlossen, in dieser Sache Strafanzeige gegen Unbekannt einzureichen. Nun hat das Untersuchungsrichteramt entschieden, es überwiege das öffentliche Interesse an den publik gemachten Fakten gegenüber der Geheimhaltung von Bericht und Protokoll einer vorberatenden Kommission.
Für die Arbeit der vorberatenden Kommissionen im Stadtrat kann dieser Entscheid einschneidende Folgen haben. Da – wie bereits andere Untersuchungen gezeigt haben – die Informant/innen, welche die Internas oder Protokolle weitergeben, kaum zu eruieren sind, öffnet dieser Entscheid Indiskretionen Tür und Tor. Die Kommissionssitzungen drohen zu öffentlichen Probeveranstaltungen der Stadtratssitzungen zu werden, statt dass hinter verschlossenen Türen sachlich gestritten und nach tragfähigen Lösungen gesucht werden kann. Kommissionsmitglieder müssen jederzeit mit der Veröffentlichung von Protokollen oder Stimmverhältnissen rechnen und werden dementsprechend in den Kommissionen agieren. Die Lösungen müssen öffentlich sein – aber nicht der Weg dahin.
Aus diesem Grunde bestimmt das kantonale Informationsgesetz: „Die Sitzungen […] der Kommissionen sowie die darüber geführten Diskussionsprotokolle sind nicht öffentlich, ausser ein Gemeindeerlass oder das einsetzende Organ sehe die Öffentlichkeit vor“ (Art 11,3) Dem gemäss sieht Artikel 35 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Stadtrats von Bern vor, dass die Kommissionsprotokolle „vertraulich“ sind. „Insbesondere darf aus den Protokollen nicht wörtlich zitiert und nicht bekannt gegeben werden, wie einzelne (…) Stellung genommen haben.“
Die GFL/EVP-Fraktion setzt sich grundsätzlich für das Öffentlichkeitsprinzip ein – aber mit den genannten, kantonal geregelten Grenzen. Auf diesem Hintergrund versteht die GFL/EVP-Fraktion nicht, warum das Büro des Stadtrats den Entscheid des Untersuchungsrichteramtes nicht anficht.
Die Kommissionsarbeit ist Sache des Parlaments. Betroffen sind aber auch sämtliche Gesprächspartner der Kommissionen, u.a. die Mitglieder des Gemeinderates und der Verwaltung sowie beigezogene Fachleute.
In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen auch an den Gemeinderat:
1a) Wie ordnet der Gemeinderat den Entscheid des Untersuchungsrichteramtes ein?
1b) Welche Folgen sind durch die Einstellung des Verfahrens für die Arbeiten der vorberatenden- und Fachkommissionen zu erwarten?
2a) Müsste Artikel 35 des Geschäftsreglements des Stadtrats von Bern gestrichen oder angepasst werden, wenn das öffentliche Interesse die Vetraulichkeit, welche diese Norm postuliert, überwiegt?
2b) Welche Möglichkeiten sieht der Gemeinderat, damit auch zukünftig eine effektive Vorarbeit für die anstehenden Geschäfte geleistet werden kann?
Begründung der Dringlichkeit: Die Einstellung des Verfahrens wegen Amtsgeheimnisverletzung kann weitreichende Folgen für die Arbeiten der Kommissionen haben. Diese müssten schnellst möglich wissen, woran sie punkto Amtsgeheimnis sind, um ihre weitere Arbeit effektiv zu gestalten. Sollte sich die Norm in Art. 35 als obsolet erweisen, müsste schnellstens reagiert, um nicht unter falschen rechtlichen Voraussetzungen agieren zu müssen.