Bern, wir haben ein Problem. The Blue Marble is turning red.

Die Klimakrise ist real. Wetterextreme wie Starkregen und Hitzewellen sind hier und verstärken sich. Jedes handlungsfähige Organ ist aufgefordert, alles daran zu setzen, um der Klimakrise entgegenzuwirken und auf netto Null zu senken. Gleichzeitig müssen wir der Realität ins Auge sehen. Die Welt erwärmt sich und die Schweiz ist im internationalen Vergleich vorne mit dabei. Seit Messbeginn haben wir eine Temperaturerhöhung von 1.9 Grad Celsius. In Menschenleben ausgedrückt bedeutet diese Zahl, dass im Jahr 2003 975 Personen an der Hitze gestorben sind. 2015 waren es 804 Menschen, 2019 weitere 521 Menschen. Laut neuesten Studien müssen 31.3% unserer Hitzetoten auf den anthropogenen Klimawandel zurückgeführt werden.

Folgerichtig hat die Schweizer Regierung die zunehmende Hitzebelastung in Städten und Agglomerationen als eine der grössten sektorübergreifenden Herausforderungen bezeichnet. Und sie hat Recht. Die Klimakrise ist keine Dystopie der Zukunft. Die Klimakrise ist in Bern. So hat das Geographische Institut in Bern aufgezeigt, dass die Wetterprognosen von Meteoschweiz für Bern 2050 in Tat und Wahrheit nicht erst in 30 Jahren eintreffen werden, sondern heute gelebte Realität sind. Unsere Wetterstation in Zollikofen, auf einer offenen, grünen Wiese hat wenig mit einer versiegelten, dicht bebauten und die Windzirkulation einschränkenden urbanen Gegend wie der Stadt Bern gemein.
Gleichzeitig steht das Bedürfnis nach weiten und grünen Flächen einer wachsenden und sich nach innen verdichtenden Stadt direkt entgegen. Der Dissens kann nur durch entschlossene und proaktive Klimaanpassungsmassnahmen gemildert werden. Es gibt Städte, die hier eine Vorreiterrolle übernommen haben. Bern gehört nicht dazu.

Entsprechend bitten wir den Gemeinderat uns über seine kurz- und langfristige Strategie und über konkrete Klimaanpassungsmassnahmen zu informieren. Wir möchten wissen, wie die Stadt Bern sicherzustellen plant, dass die angestrebte Verdichtung nach Innen keine neuen Hitzeinseln hervorbringt, sondern im Gegenteil das umliegende Mikroklima positiv, sprich kühlend beeinflusst. Wie sieht es bei Starkregen aus?
Der Gemeinderat ist freundlich gebeten, die folgenden Fragen zu beantworten:

Massnahmen und Strategien:

  1. Verfügt die Stadt Bern über griffige Planungsgrundsätze, städtebaulichen Leitsätze und Massnahmen mit der sie bestehende Hitzeinseln beseitigen und zukünftige verhindern kann? Falls ja: Welche sind dies konkret?
  2. Wie sind die städtischen Klimaanpassungsmassnahmen formell (Gesetze, Verordnungen) und informell (Strategien, Konzepte, Leitbilder) verankert? Wie stellt sich die Stadt Bern die Umsetzung vor?
  3. Werden neben der Vulnerabilitätsanalyse und den Problemzonen auch Entlastungsräume, Kaltluftentstehungsgebiete, Durchlüftungsbahnen u.ä. identifiziert?
  4. Welche neuen Umsetzungsebenen sind angedacht? Finanzielle Anreize durch einen Stadtfond, Einflussnahme auf Bauprojekte auf städtischem Boden, Wissensvermittlung (Infohubs vs. Pflichtveranstaltungen), Anpassung der Bauordnung? Weitere?
  5. Der Kanton Genf hat 2015 eine umfassende Klimastrategie erarbeitet. Drei ihrer sechs strategischen Stossrichtungen betreffen Klimaanpassungsmassnahmen in den Bereichen territoriale Entwicklung, Schutz der Bevölkerung und Biodiversität. Welche strategischen Stossrichtungen im Bereich der Klimaanpassungsmassnahmen sind in der Stadt Bern geplant?
  6. Das Hitzeentlastungssystem im Rahmenplan Karlsruhe, legt einen auf unterschiedliche Stadtstrukturen angepassten Massnahmenkatalog fest. So gibt es die Konzeptebenen Stadtstruktur, Klimafunktionen und Entlastungssysteme. Ist in der Stadt Bern eine ähnlich differenzierte Konzeptualisierung geplant? Falls nicht, warum nicht?
    Akteure und Zuständigkeiten:
  7. Wie wird die Analyse für die Umsetzung der Massnahmen gebraucht? Mit wem arbeitet die Stadt zusammen? Wie wird die Zusammenarbeit organisiert?
  8. Wie wird sichergestellt, dass in Planung und Umsetzung möglichst viele Synergien geschaffen werden und die verschiedenen Behörden und Ämter untereinander koordiniert zusammenarbeiten? Wer genau übernimmt den Lead und die Koordination?
  9. Ist eine Kampagne zwecks Sensibilisierung der Entscheidungsträger, der Planenden und der Bevölkerung geplant? Durch welche Massnahmen soll Wissen in der Bevölkerung, in der Verwaltung und in der Politik aufgebaut werden?
    Finanzen, Synergien und Controlling:
  10. Wie werden Massnahmen priorisiert, nach Aufwand und Ressourcen oder nach Dringlichkeit oder Kosten/Nutzen?
  11. Gibt es in der Stadt Bern eine Strategie bezüglich der Synergien unter den verschiedenen Klimaanpassungsmassnahmen und Vulnerabilitäten? Wenn ja, welche?
  12. Wie sieht das Controlling aus? Gibt es eine Kosten-/Nutzenanalyse, Vollzugs- und Wirkungsbilanzen oder regelmässige Berichterstattungen?