Der neu zusammengesetzte Gemeinderat ist mit einer klaren Ansage in die neue Legislatur gestartet: Er will für die kommenden Jahre ausgeglichene oder leicht positive Budgets vorlegen und über die Legislatur hinweg das Eigenkapital auf 100 Mio. Franken stabilisieren. Die GFL hat bereits im Juni deutlich gemacht, dass sie diesen Grundsatz unterstützt.

Vorerst eine kosmetische Haushaltsanierung
Im Laufe der Vorberatungen in den Kommissionen und Delegationen hat sich gezeigt, dass das nun verabschiedete Budget einer Wundertüte gleicht: Hier wurde ein Projekt aufgeschoben, dort eine eigentlich beschlossene Leistung oder neue Stellung „hinausgestüdelet“. Exemplarisch zeigt sich das am Strassenunterhalt, für den sogar eine Stelle vorgesehen war, mit dem Ziel, Sanierungsstau zu evaluieren – diese wurde nun nicht genehmigt. Gleichzeitig hat sich die GFL daran gestört, dass in den nicht-operativen Bereichen der Generalsekretariate weiter mit grosser Kelle angerührt wird und beispielsweise diverse neue Kommunikationsstellen geschaffen werden. Deshalb hat die GFL im Zuge der Budgetdebatte Anträge unterstützt, die diese neuen Stellen abwenden wollten – leider ohne Erfolg. Auch die Unterstützung für eine neue Geschäftsstelle im Museumsquartier hätte es nicht gebraucht, wohingegen die einmalige Unterstützung für das Konzertformat beeflat eine gezielte Förderung ist.

Stadtrat weicht nur in Nuancen vom Gemeinderat ab
Insgesamt aber ist der Stadtrat weitgehend auf Gemeinderatslinie geblieben. Statt eines vom Gemeinderat beantragten Überschusses von 2.6 Mio. Franken resultierte nach der Budgetdebatte im Stadtrat ein Überschuss in Höhe von 0.07 Mio. Franken. Einigermassen teure Abweichungen gab es für das Festhalten an der Einführung des Betreuungsschlüssels 1:6 in der Tagesbetreuung und bei der Umsetzung des Vaterschaftsurlaubs und der Elternzeit bei Schutz und Rettung Stadt Bern gemäss dem neuen städtischen Personalreglement – auch das eigentlich eine beschlossene Sache und damit ein selbstverständlicher Nachvollzug. Aktiv unterstützt hat die GFL die lückenlose Fortsetzung der kostenlosen Lernbegleitung, die ohnehin als Alibi-Sparmassnahme aus der Sozialdirektion gedeutet werden kann. Es kann nicht im Interesse des Gemeinderats sein, die Lernbegleitung, von der so viele Schüler:innen in der Stadt Bern und gerade im Berner Westen profitieren, auszusetzen.

Nun muss der Gemeinderat aber ernsthaft über die Bücher
Die GFL hat die Kosmetik, mit der die vorliegende schwarze Null herbeigeführt wurde, in der Budgetdebatte kritisiert. Der Gemeinderat drückt sich davor, unpopuläre Entscheide zu fällen und von seiner schuldenfinanzierten Wachstumstrunkenheit abzuweichen. Stattdessen wird weiterhin ein Hohelied auf Investitionen unter allen Umständen und zu jeglichen Bedingungen gesungen. Dabei geht vergessen, dass die Stadt und die Mitarbeitenden den Wachstumspfad, den sich die Stadt selbst verschrieben hat, mit den seit fünf Jahren knapperen Mitteln nicht verarbeiten und zu Boden bringen können. Symptomatisch zeigt sich das bei den vielen und parallel laufenden Arealentwicklungen. Es geht und geht nicht voran. Unsere Antwort lautet: Es braucht einen neuen Wachstumspfad und nicht zu viel auf einmal. Wachstum zieht unweigerlich zahlreiche Folgeinvestitionen für die öffentliche Hand für Schulen, Strassen und Erschliessung nach sich. Dies muss verarbeitet und von der öffentlichen Hand finanziert werden können. Um im Sinne der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeit gesund weiterwachsen zu können, braucht es eine Überarbeitung des Stadtentwicklungskonzepts und der derzeit zu hochtrabenden Ausbaupläne der Stadt. Auf Projektebene erforderlich sind mehr Variantenentscheide, die auchmal eine kostengünstigere Bädersanierung möglich machen. Wir fordern den Gemeinderat auf, die Stadtratsfraktionen aktiv in die Repriorisierungsarbeiten einzubeziehen und einen ernsthaften Dialog über die städtischen Wachstumspläne anzustossen.